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Wenn Essen statt Leidenschaft Leiden schafft

Zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Um Konflikte um den begehrten Rohstoff zu vermeiden, sind neue Strategien der Wasserversorgung gefragt. Die Chilenin Pilar Cereceda forscht an einer Technologie, um aus Nebel Trinkwasser zu gewinnen und damit ganze Orte zu versorgen.

Text: Lisa-Marie Jeschina; Fotos: Daniela Luksic

Wasser für die Wüste

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Mitten in der trockensten Wüste der Welt steht eine 76-jährige Frau und dreht an einem Wasserhahn. Frisches Trinkwasser sprudelt aus der Leitung. Sie hebt die Hände, schöpft sich das Wasser ins Gesicht - und seufzt glücklich. Diese Szene ist keine Fata Morgana, sondern das Lebenswerk der chilenischen Geografin Pilar Cereceda. Seit Jahrzehnten forscht sie an einer Technologie, um aus Nebel Trinkwasser zu gewinnen und damit die Wasserversorgung der Menschen weltweit zu verbessern. Doch Wasser in der Wüste zu finden, daran sind viele vor ihr gescheitert – und das Vorhaben wird zur größten Aufgabe ihres Lebens.

„Wasser in der Wüste zu finden, daran sind viele gescheitert“

Mitten in der trockensten Wüste der Welt steht eine 76-jährige Frau und dreht an einem Wasserhahn. Aus der Leitung sprudelt frisches Nebelwasser in Trinkwasserqualität. Sie hebt die Hände, schöpft sich das Wasser ins Gesicht - und seufzt glücklich. Diese Szene ist keine Fata Morgana, sondern das Lebenswerk der chilenischen Geografin Pilar Cereceda. Seit Jahrzehnten forscht sie an einer Technologie, um aus Nebel Trinkwasser zu gewinnen und damit die Wasserversorgung der Menschen weltweit zu verbessern. Doch Wasser in der Wüste zu finden, daran sind viele vor ihr gescheitert – und das Vorhaben wird zur größten Aufgabe ihres Lebens.

Wasser für die Wüste

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Eine Reportage von Lisa-Marie Jeschina mit Fotos von Daniela Luksic

„2 XL wäre mein Traum“, erzählt Matthias Hiemer im Gespräch mit FOCUS online. Noch trägt der 49-Jährige meist 5 XL. Er leidet an Adipositas. Aber der Hamburger ist auf dem besten Weg in ein schlankeres Leben. Gerade hat der 1,85-Mann sein Gewicht reduziert von knapp 170 Kilogramm auf gut 152, seinen Body Mass Index (BMI) von 49,4 auf 44,6.

Essen ist ihm zur Droge geworden. Denn die Seele hat Hunger. Das beschreiben viele. Tagtäglich sieht sich der Adipositas-Betroffene mit seiner Sucht konfrontiert. „Anders als ein trockener Alkoholiker kann ich nicht einfach verzichten“, beschreibt Hiemer sein Dilemma. „Denn essen muss ich.“

Adipositas ist

eine Sucht

So ähnlich wie Hiemer geht es in Deutschland vielen Menschen. Immer mehr Menschen, immer mehr Kindern.

In Deutschland wiegen gut 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen zu viel, etwa 10 Prozent haben Übergewicht, knapp 6 Prozent sind zusätzlich adipös. Weitaus höher liegen die Zahlen bei den Erwachsenen:

Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen gelten als übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen ist stark übergewichtig. Das ist gefährlich – für jede einzelne Person. Das ist problematisch – für die Gesellschaft.

Deutschland ist zu dick - das geht uns alle an

Haben Menschen einen Body Mass Index (BMI) von mehr als 30, gelten sie als adipös. Übergewicht beginnt bei einem BMI von mehr als 25.

Diagnose von Adipositas

Adipositas umfasst ein recht komplexes Krankheitsbild. Wo Adipositas anfängt, definieren hauptsächlich der Körpermasseindex (BMI) und der Taillenumfang.

Ab einem Umfang von mehr als 88 Zentimetern bei Frauen und mehr als 102 Zentimetern bei Männern sprechen Mediziner von bauchbetonter Adipositas. Bereits ab 80 beziehungsweise 94 Zentimetern ist das Gesundheitsrisiko deutlich erhöht.

Zusätzlich klären weitere klinische Untersuchungen wie ein Blutbild, ein EKG, das Messen des Blutzuckerspiegels oder der Leberwerte das Risiko und Ausmaß schon vorhandener Begleiterkrankungen.

Übergewicht oder Adipositas?

Übergewicht oder Adipositas?

Der begehrte Rohstoff ist für die Bewohner der supertrockenen Region nicht nur überlebenswichtig, sondern auch Voraussetzung für eine wirtschaftliche Existenz als Viehzüchter oder Landwirt. Denn ohne Wasser gibt es keine Erträge und die Kleinbauern verlieren ihre Lebensgrundlage. Die Auswirkungen des Wassermangels sind so gravierend, dass die Menschen oft keine andere Perspektive sehen, als in die nächstgrößeren Städte oder ins Ausland abzuwandern. „Wir müssen uns um die Probleme dieser Menschen kümmern, damit sie ihre Heimat nicht verlassen“, fordert Cereceda.

Die Folgen von Landflucht und Wirtschaftsmigration betreffen nicht nur Chile. Weltweit haben zwei Milliarden Menschen keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser und der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich. Mangelnde Wasser- und sanitäre Versorgung sind einer der Hauptfaktoren für umweltbedingte Migration. In einer Studie aus dem Jahr 2018 rechnete die Weltbank bis 2050 mit 140 Millionen klimabedingt Vertriebenen allein in Subsahara-Afrika, Südasien und Südamerika. Um diese Probleme global zu lösen, braucht es neue Strategien der Wasserversorgung.

Wasser statt Migration

Die drastischen Auswirkungen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im „World Obesity Atlas“ 2023 beleuchtet.

Eine Kachel ist noch grün: Das heißt, aktuell sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Deutschland gut aufgestellt, was die Bereitschaft zur Bekämpfung von Adipositas angeht.* Der Trend ist allerdings kritisch. Schnell wird es rot bis tiefrot:

*15/183: Eine Rangliste aller Länder hinsichtlich ihrer relativen Bereitschaft zur Bekämpfung von Fettleibigkeit, von 1 = am besten bis 183 = am schlechtesten.

WORLD OBESITY ATLAS 2023

WORLD OBESITY ATLAS 2023

Prozent der Erwachsenen werden nach den Schätzungen 2035 fettleibig sein

0

Prozent jährlich steigt Adipositas bei Erwachsenen von 2020–2035

2,2

Prozent jährlich steigt Adipositas bei Kindern von 2020–2035

2,4

Prozent wirkt sich Übergewicht auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2035

3

Die drastischen Auswirkungen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im „World Obesity Atlas“ 2023 beleuchtet.

Ein Bereich ist noch in Ordnung: Das heißt, aktuell sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Deutschland gut aufgestellt, was die Bereitschaft zur Bekämpfung von Adipositas angeht.* Der Trend ist allerdings kritisch. Schnell wird es rot.


*15/183: Eine Rangliste aller Länder hinsichtlich ihrer relativen Bereitschaft zur Bekämpfung von Fettleibigkeit, von 1 = am besten bis 183 = am schlechtesten.

Pilar Cereceda redet nicht gern über Probleme - sie sucht lieber nach Lösungen. Die pragmatische Frau kam 1946, ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, als drittes Kind eines Arztes und seiner Frau zur Welt. In der Hauptstadt Santiago de Chile studierte sie Geografie, Geschichte und politische Bildung an der Päpstlich Katholischen Universität und wurde danach Dozentin. Stellt man ihr eine Frage, antwortet sie in Geschichten. Sie ist wie eines ihrer über 40 Bücher, die bis heute als Nachschlagewerke von Studierenden und Wissenschaftlern genutzt werden. 

Aus der Ferne scheint es, als seien die kargen Wüstenberge der Atacama von Gletschern bedeckt. Doch das strahlende Weiß ist kein Eis, sondern Nebel. Und der trägt die gleiche kostbare Ressource in sich: Wasser. Doch aus den Wolken fällt kein Regen. Die feinen Tropfen verdunsten, ohne den Boden durchnässt zu haben. Dieser sogenannte Advektionsnebel entsteht durch Abkühlung feuchtwarmer Luft über einem kälteren Gebiet und ist typisch für die Pazifikküste. Er kommt aber auch auf anderen Kontinenten vor und kann zu jeder Tageszeit auftreten. 
Wenn der Nebel kommt, ändert sich das Wetter schlagartig. Die Luft fühlt sich klamm an. „Inmitten der Wüste Feuchtigkeit auf der Haut zu spüren verblüfft mich immer wieder“, sagt Pilar Cereceda. „Es ist magisch.“

Das strahlende Weiß ist kein Eis, sondern Nebel

Die Nebelfängerin der Atacama-Wüste

Adipositas gilt als Risikofaktor und Auslöser für mehr als 60 Folgekrankheiten. Je nach Schweregrad der Erkrankung verkürzt sie die Lebenserwartung um bis zu zwölf Jahre. Adipositas ist zwar nicht heilbar, aber therapierbar. Hier sind die Einzelperson wie die Gesellschaft gefragt.

Warum ist Adipositas gefährlich?

Adipositas hat nichts mit Faulheit, Dummheit oder Willensschwäche zu tun.

Christian Dannmeier,
Oberarzt Schön Klinik Bad Bramstedt, psychosomatische Fachklinik

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„Ich bin überzeugt, dass die Menschheit den Klimawandel überleben wird, weil ich an die Wissenschaft glaube."

 

Pilar Cereceda

Die heutigen Nebelfänger sehen zwar anders aus, basieren aber auf einem Prototyp aus dem Jahr 1956, der von dem Chilenen Carlos Espinosa gebaut wurde. Der „Makrodiamant-Nebelfänger“ bestand aus mit Jutesackleinen bespannten Dreiecken, die in Form eines Diamanten angeordnet waren. 1963 übertrug der inzwischen verstorbene Wissenschaftler das Patent der UNESCO. Seitdem haben die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen die Technologie immer weiter verbessert. Sie entwickelten effektive, einfach zu montierende Konstruktionen aus kostengünstigen Materialien, die sie jedermann zugänglich machten. Sie sind ein Segen für die Bewohner der Wüste.

1992 verrsorgten Cereceda und ihre Mitstreiter erstmals ein ganzes Dorf mit Nebelwasser. Es war eine Weltpremiere. 75 Nebelkollektoren belieferten 90 Haushalte und 330 Einwohner. „Wir fühlten uns wie Pioniere“, sagt die Tüftlerin.

Um für ihre Idee zu werben, bereiste die 76-Jährige die Wüsten der Welt. Sie war in der Gobi Chinas, der Dhofar im Oman, der Namib Namibias, der Mojave in den USA und der Sahara in Marokko. Heute gibt es vielerorts Nebelfänger-Projekte nach chilenischem Vorbild. Als Durchbruch für die weltweite Verbreitung gilt vor allem die Verwendung des kostengünstigen Polyethylennetzes.

Technologie wird zum weltweiten Vorbild

Um die wasserreiche Nebelform auch an anderen Orten zu finden, bereiste die 76-Jährige die Wüsten der Welt, darunter die Gobi-Wüste in China, die Dhofar-Wüste im Oman, die Namib-Wüste in Namibia, die Sahara in Marokko sowie die Mojave-Wüste in den USA. Heute gibt es an verschiedenen Orten der Welt erfolgreiche Nebelfängerprojekte nach chilenischem Vorbild. Als Durchbruch für die weltweite Verbreitung gilt vor allem die Verwendung des kostengünstigen Polyethylennetzes.
Trotz der vielfältigen Potenziale sind die Einsatzorte der Technologie begrenzt. Denn nicht in allen Küstengebirgen tritt die erforderliche Menge an dichtem Nebel auf. Außerdem muss das Gebirge hoch genug sein, um in einer so genannten Stratokumuluswolke zu liegen. Je nach Dicke der Wolke sind das zum Beispiel in Chile zwischen 500 und 1200 Höhenmeter. Auch die Erreichbarkeit des Standorts spielt eine Rolle. Es muss genügend Platz für die Installation der Nebelfänger und für Zufahrtswege vorhanden sein. Nebelfänger allein können also das globale Wasserproblem nicht lösen, aber sie bieten in geeigneten Regionen einen Lösungsansatz als zusätzliche Wasserquelle.

Vor einem der Zelte trifft die Geografin auf die amerikanische Wissenschaftlerin Lisa Micheli. „Darf ich ein Foto mit Ihnen machen?“, fragt sie Cereceda. Selbstverständlich willigt die aufgeschlossene Chilenin ein. „Pilar ist ein Rockstar und ihre Arbeit hat uns alle sehr beeinflusst. Es motiviert mich, ein internationales weibliches Vorbild wie Pilar zu haben. Denn in meinem Forschungsbereich, den physischen Geowissenschaften, hatte ich nie eine Frau als Lehrer, Coach oder Chef“, erklärt Micheli.
Pilar Cereceda hört nicht, wie die Amerikanerin von ihrer Arbeit schwärmt. Die Gründerin und erste Direktorin des Atacama Desert Centers ist im Gespräch mit ihren ehemaligen Studenten. Diese sind nach Cerecedas Pensionierung in ihre Fußstapfen getreten und lehren als Dozenten an der Katholischen Universität, leiten die Forschungsstation und betreuen Nebelfängerprojekte im Ausland. Die Netz-Idee ist heute zu einem großen Netzwerk gewachsen.

Aus Netz-Idee wird internationales Netzwerk

Um den Trend der Adipositas-Epidemie umzukehren, braucht es für jede einzelne Person ihre Therapie. Es gilt, das passende Rezept aus Ernährungsumstellung, Bewegung, Verhaltenstherapie oder operativen Methoden wie Schlauchmagen, Magenverkleinerung zu finden.

Für manche kann die Abnehm-Spritze mit dem Wirkstoff Semaglutid eine Hilfe sein – und die Brücke zwischen den Therapieformen schlagen. Oft geht es darum, den Seelen-Hunger mit anderem als Essen zu stillen. Dafür ist auch die Gesellschaft gefordert.

Was jede einzelne Person tun kann

Trotz der vielfältigen Potenziale sind die Einsatzorte der Technologie begrenzt. Denn nicht in allen Küstengebirgen tritt die erforderliche Menge an dichtem Nebel auf. Außerdem muss das Gebirge hoch genug sein, um in einer so genannten Stratokumuluswolke zu liegen. Je nach Dicke der Wolke sind das zum Beispiel in Chile zwischen 500 und 1200 Höhenmeter. Auch die Erreichbarkeit des Standorts spielt eine Rolle. Es muss genügend Platz für die Installation der Nebelfänger und für Zufahrtswege vorhanden sein. Nebelfänger allein können also das globale Wasserproblem nicht lösen, aber sie bieten in geeigneten Regionen eine ergänzende Wasserquelle.

Vor einem der Zelte trifft die Geografin auf die amerikanische Wissenschaftlerin Lisa Micheli. „Darf ich ein Foto mit Ihnen machen?“, fragt sie Cereceda. Selbstverständlich willigt die aufgeschlossene Chilenin ein. „Pilar ist ein Rockstar und ihre Arbeit hat uns alle sehr beeinflusst. Es motiviert mich, ein internationales weibliches Vorbild wie Pilar zu haben. Denn in meinem Forschungsbereich, den physischen Geowissenschaften, hatte ich nie eine Frau als Lehrer, Coach oder Chef“, erklärt Micheli. Pilar Cereceda hört nicht, wie die Amerikanerin von ihrer Arbeit schwärmt. Die Gründerin und erste Direktorin des Atacama Desert Centers ist im Gespräch mit ihren ehemaligen Studenten. Diese sind nach Cerecedas Pensionierung in ihre Fußstapfen getreten und lehren als Dozenten an der Katholischen Universität, leiten die Forschungsstation und betreuen Nebelfängerprojekte im Ausland. Die Netz-Idee ist heute zu einem großen Netz-Werk gewachsen.

Aus Netz-Idee wird internationales Netz-Werk

So wünscht sich der Adipositas-Betroffene Matthias Hiemer einerseits mehr Verständnis in der Gesellschaft: „Wir sind nicht faul, wir sind krank, suchtkrank.“

Er kämpft tagtäglich mit seinem „Gedankenautomat im Kopf“, wie er ihn nennt. Der ihm immer wieder Essen als Problemlöser schmackhaft macht, weil er das über die Jahre gelernt hat. Andererseits ist der Adipositas-Betroffene eben im Supermarkt mit einem regelrechten Überangebot konfrontiert.

„Unsere Kinder wachsen zunehmend in Umgebungen auf, die es sehr schwer für sie machen, sich gut zu ernähren und aktiv zu sein. Das ist eine Grundursache der Fettleibigkeits-Epidemie“, erklärte der WHO-Regionaldirektor Hans Kluge. Gesellschaften und Länder hätten es bislang nicht geschafft, die steigenden Raten umzukehren. Die kürzlich abgegebene Zagreb-Erklärung sei in der Hinsicht ein erster wichtiger Schritt.

Was sich jetzt

ändern muss

In der Wüstenprovinz Chañaral wird die Nebelfänger-Technologie seit mehr als 20 Jahren erprobt. Dort haben engagierte Einwohner mit Hilfe von Cereceda eigene Nebelkollektoren in Betrieb genommen. Pilar Cereceda gab ihnen all ihr Wissen über das Nebelfangen weiter. Einer von ihnen ist Orlando Rojas Figueroa. Der 45-Jährige steht am kilometerlangen Strand seines Heimatortes und blickt stolz auf seine Nebelfängeranlage.
Der feinsandige Küstenstreifen ist menschenleer. Auf den ersten Blick ein Traumstrand. Baden können die Einheimischen dennoch nicht. Denn der Bergbauort ist durch die Rückstände des Kupferabbaus kontaminiert, die jahrzehntelang einfach in den Fluss geleitet wurden. Das ohnehin knappe Grundwasser aus den Anden versiegt immer mehr, weil es im Hinterland für den Bergbau abgepumpt wird.

Für einen Kubikmeter (m3) sauberes Trinkwasser müssen die Menschen in Chañaral rund 1,70 Euro bezahlen – so viel wie in der deutschen Stadt München. Zum Vergleich: Der Mindestlohn in Chile liegt bei 470 Euro im Monat. Die meisten Einwohner beziehen ihr Wasser über eine Pipeline aus der 170 Kilometer entfernten Großstadt Copiapó oder aus Entsalzungsanlagen, die Meerwasser in einem energie- und kostenintensiven Prozess entsalzen.
„Um in einer so kargen Gegend zu überleben, haben wir nach Wasseralternativen gesucht,“ erklärt Rojas. Mit den Nebelfängern hat sich der 45-Jährige von den Wasserlieferungen unabhängig gemacht. Er konnte ein kleines Unternehmen gründen, verkauft das abgefüllte Trinkwasser im Supermarkt und betreibt eine Aloe-Vera-Plantage.

Die erste Anlage besteht aus 36 Nebelfängern mit je 48 Quadratmeter großen Netzen, am zweiten Standort stehen insgesamt 10 Nebelfänger. Laut Rojas können pro Nebelfänger zwischen 3.700 und 10.000 Liter Wasser pro Jahr geerntet werden. Die Ertragsunterschiede zeigen, wie wichtig die Wahl des richtigen Standortes ist. Schon 50 Höhenmeter können einen Unterschied von mehreren hundert Litern Wasserertrag ausmachen. Entscheidend ist die unverbaute Nähe zur Küste, von der der Nebel kommt. Aber auch die Ausrichtung zu den vorhandenen Winden, die den Nebel in das Netz treiben.

Nebelfänger ermöglichen neue Existenz

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat drei konkrete Maßnahmen ermittelt, um eine Verschlimmerung der stillen Epidemie zu verhindern:

  1. Schwerpunkt auf Prävention: Bemühungen, Fettleibigkeit bei Kindern zu reduzieren, müssen früh beginnen – bereits in der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit. Die Prävention sollte sich auf eine gute Ernährung in allen Lebensphasen eines Kindes konzentrieren, und es braucht Bemühungen zu Hause, in den Schulen und in der breiteren Gemeinschaft.
  2. Regulierung der Lebensmittel- und Getränkeindustrie: Zu den wirksamsten Maßnahmen, Fettleibigkeit bei Kindern zu bekämpfen, gehören die Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke, die Forderung nach einer eindeutigen Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung und die Beschränkung der Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder.
  3. Förderung körperlicher Aktivität: Dazu gehören eine bessere Stadtgestaltung und Verkehrspolitik, körperliche Aktivität im schulischen Lehrplan und außerschulische Aktivitäten sowie klare Botschaften zur Unterstützung eines aktiven Lebensstils im gesamten Lebensverlauf.

3 Maßnahmen gegen die stille Epidemie

Rund 40 Kilometer von Chañaral entfernt, an der Schnellstraße Panamericana, die Nord- und Südamerika verbindet, liegt das kleine Restaurant „Die Kämpferin der Wüste“. Clorinda Castillo steht schwitzend in der Küche und frittiert frischen Fisch im brodelnden Fett. Einen Wasseranschluss hat sie nicht. Es sind extreme Lebensbedingungen, auf die sich die alleinstehende Frau hier eingelassen hat.
„Du musst ein echter Kämpfer sein, um allein in der Wüste zu überleben. Wasser ist hier extrem wichtig und ohne Wasser bist du nichts.“ Aber „die Kämpferin der Wüste“, hat einen Nebelfänger. Hoch oben auf dem Berg steht ein auf zwei Stangen gespanntes Maschennetz. Eine Leitung transportiert das Wasser in zwei Wassertonnen. Ihre Gäste trinken besonders gerne den aus Nebelwasser gebrühten Kaffee. Aber auch zum Kochen, Waschen und Trinken verwendet die Restaurantbesitzerin das Nebelwasser. „Es schmeckt wie reines Wasser aus einem Gebirgsfluss,“ sagt Castillo.

„Es schmeckt wie reines Wasser aus Gebirgsfluss“

Hiemer ist topmotiviert aus der Klinik in ein neu geordnetes Leben gestartet. Mit einer guten Beziehung zu sich, seinem Essverhalten und seinem E-Bike. Seinem „Gedankenautomat“ hält er entschlossen dagegen. Dass sein Weg in ein noch leichteres Leben weit ist, ist ihm bewusst: „Es ist ein Marathon, kein Sprint.“

Langfristig angelegte ambulante Behandlungsprogramme nach einer stationären Behandlung könnten die Prognose verbessern, aber Prävention wäre definitiv die bessere Behandlung. Mediziner Dannmeier bringt es auf den Punkt: „Am besten wäre es, wenn es wirklich gelingen könnte, mehr Kinder und Jugendliche schon frühzeitig davor zu bewahren, übergewichtig zu werden oder Adipositas zu entwickeln, weil es wirklich ein schweres Schicksal ist.“

„Es ist ein Marathon“

Mit einem Kanister in der Hand geht die Frau durch den staubigen Sand, vorbei an den parkenden Lastwagen. Rund 150 Meter sind es bis zu den zwei blauen Wassertonnen. Die 56-Jährige beugt sich tief in die große Tonne und lässt das Wasser in den Kanister sprudeln. Viel Wasser ist nicht mehr drin.
Das tägliche Wasserschleppen ist mühsam, und die Menge reicht nicht aus, um ihren täglichen Bedarf zu decken. Einmal in der Woche fährt Castillo deshalb in die Stadt, um 20-Liter-Wasserkanister zu kaufen. Dennoch ist die 1,55 Meter große Frau zufrieden: „So kann ich überleben.“ Selbst finanzieren kann sie die Technik, die zwischen 2500 und 3500 Euro kostet, allerdings nicht. Bezahlt und installiert hat den Nebelfänger Orlando Rojas Figueroa, der sich in der Provinz auf vielfältige Weise sozial engagiert.

Die Einbindung der Anwohner in den gesamten Bauprozess ist laut Cereceda ein wichtiger Erfolgsfaktor, da sie später auch für die Instandhaltung verantwortlich sind. „Man kann den besten Kollektor bauen, aber wenn die Anwohner die Anlage nicht warten, wird das Projekt scheitern“, sagt Cereceda. Die Forscherin spricht aus Erfahrung. Sie hat schon erfolgreiche Projekte nach Jahren scheitern sehen, weil die Bevölkerung die Kollektoren nicht selbstständig reparierte.

Die Kämpferin der Wüste

Auf der Forschungsstation „Alto Patache“ ist es Abend geworden, doch noch immer brennt die Sonne. Die ehemalige Direktorin ruht sich auf einem Campingstuhl aus. „Manchmal frage ich mich, warum ich es in all den Jahren nicht geschafft habe, die Technologie zu industrialisieren“, sagt sie leise. Trotz vieler erfolgreicher Einzelprojekte gibt es bis heute keine einheitlichen Standards wie bei Windrädern oder Solarzellen. Auch wenn der direkte Vergleich hinkt, weil der wasserreiche Nebel nur an wenigen Orten eingefangen werden kann, hätte die Geografin das Nischenprodukt gerne auf die nächste Stufe gehoben. „Es ist einfach, einen Nebelfänger zu bauen, aber wir müssen die Nebelwolken und die Einsatzorte weiter erforschen“, erklärt Cereceda die derzeit größte Herausforderung.
Auf der jährlich stattfindenden internationalen Nebelkonferenz hat sie gemeinsam mit dem kanadischen Physiker Robert Schemenauer und anderen Forschern bereits eine wichtige Initiative dazu gestartet. In teilnehmenden Ländern wurden baugleiche Nebelmessanlagen installiert. Der einen Quadratmeter große „Standard Fog Collector“ soll weltweit vergleichbare Daten sammeln, um in einigen Jahren die idealen Bedingungen für das Sammeln von Nebel zu ermitteln. 

„Ich will nicht sterben, bevor ich 100 Jahre alt bin“, sagt die dreifache Mutter. „Denn ich möchte noch erleben, wie alle Menschen in der Wüste Wasser aus dem Nebel bekommen“, erklärt sie mit der gleichen Überzeugungskraft, mit der sie bereits den Nebel vom Himmel geholt hat. Pilar, ihr spanischer Vorname, bedeutet auf Deutsch „Säule“ oder „Pfeiler“. Pilar Cerecada ist die tragende Kraft einer großen Vision.

"Wir müssen die Nebelwolken verstehen"

Auf der Forschungsstation „Alto Patache“ ist es Abend geworden, doch noch immer brennt die Sonne. Die ehemalige Direktorin ruht sich auf einem Campingstuhl aus. „Manchmal frage ich mich, warum ich es in all den Jahren nicht geschafft habe, die Technologie zu industrialisieren“, sagt sie leise. Trotz vieler erfolgreicher Einzelprojekte gibt es bis heute keine einheitlichen Standards wie bei Windrädern oder Solarzellen. Auch wenn der direkte Vergleich hinkt, weil der wasserreiche Nebel nur an wenigen Orten eingefangen werden kann, hätte die Geografin das Nischenprodukt gerne auf die nächste Stufe gehoben. „Es ist einfach, einen Nebelfänger zu bauen, aber wir müssen die Nebelwolken und die Einsatzorte weiter erforschen“, erklärt Cereceda die derzeit größte Herausforderung.
Auf der jährlich stattfindenden internationalen Nebelkonferenz hat sie gemeinsam mit dem kanadischen Physiker Robert Schemenauer und anderen Forschern bereits eine wichtige Initiative dazu gestartet. In teilnehmenden Ländern wurden baugleiche Nebelmessanlagen installiert. Der einen Quadratmeter große „Standard Fog Collector“ soll weltweit vergleichbare Daten sammeln, um in einigen Jahren die idealen Bedingungen für das Sammeln von Nebel zu ermitteln. 

„Ich will nicht sterben, bevor ich 100 Jahre alt bin“, sagt die dreifache Mutter. „Denn ich möchte noch erleben, wie alle Menschen in der Wüste Wasser aus dem Nebel bekommen“, erklärt sie mit der gleichen Überzeugungskraft, mit der sie bereits den Nebel vom Himmel geholt hat. Pilar, ihr spanischer Vorname, bedeutet auf Deutsch „Säule“ oder „Pfeiler“. Pilar Cerecada ist die tragende Kraft einer großen Vision.

"Wir müssen die Nebelwolken verstehen"

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